Von Bianca Rousek (Foto: Fritsch)
Wenn man die Augen schließt ... als wäre er noch da
Calw-Hirsau. Als Hubby Scherhag alias Udo Jürgens bei der Show "Merci, Udo Jürgens!" zum ersten Ton ansetzte, haben wohl alle Zuhörer im voll besetzten Hirsauer Klosterhof nur einen Gedanken gehabt: Udo ist zurück. Agil und stimmgewaltig wie eh und je.
Mit "Jetzt oder nie" machte der Sänger der Tribute-Band "SahneMixx" schon vom ersten Lied an deutlich: Heute ist kein Abend, an dem man um den 2014 verstorbenen Künstler trauert. Heute ist ein Abend zum Feiern seines musikalischen Vermächtnisses. "Udo Jürgens hat uns zwar viel zu früh verlassen, aber auch viel hinterlassen", so Scherhag, der dem "Original" nicht nur stimmlich sehr nahe kommt, sondern auch optisch Ähnlichkeit mit ihm hat.
"Ich kann mich nicht erinnern, jemals in so einer schönen Kulisse gespielt zu haben", schwärmte er. Viel geredet wurde aber nicht – schließlich hatte der Udo Jürgens-Interpret mit seiner Band um Achim Brochhausen und Micky Koll mit dem Calwer Publikum so einiges vor. "In der ersten Hälfte werden wir eher ›unbekannte‹ Lieder spielen, in der zweiten dann die ›Klassiker‹", kündigte der – ganz wie der "echte Udo" – in schwarzem Anzug mit rotem Innenfutter gekleidete Scherhag an. Unbekannte Lieder? Für die Besucher der Tribute-Show gab es so etwas nicht. Von der ersten bis zur letzten Zeile eines jeden Liedes beherrschte das Publikum die Texte nahezu perfekt. Am Anfang sangen die meisten noch recht verhalten vor sich hin, bald konnte sich "SahneMixx" aber auf die volle gesangliche Unterstützung des Publikums verlassen.
Platz fanden auch die Balladen und kritischeren Texte des Künstlers. "›Ich bin dafür‹ stammt aus dem Jahr 1982 und der Text ist immer noch brandaktuell", kündigte Scherhag jenes Lied an, in dem Jürgens mehr Frieden, Solidarität und Liebe in der Gesellschaft fordert. Oder "Der Mann ist das Problem", bei dem mit einem Augenzwinkern auf die vermeintlichen Schwächen des "starken Geschlechts" aufmerksam gemacht wird.
In klassischer "Udo-Manier" trat Scherhag nach der Pause im weißen Hemd auf die Bühne und sang die Hitsingle von Jürgens’ letztem Album "Mitten im Leben" – mit derselben Energie und Lebhaftigkeit wie das große Vorbild. Überhaupt: Jede Geste – von der Handbewegung, mit der der Sänger das Publikum zum Mitsingen aufforderte, bis hin zu dem triumphierenden Hüpfer am Ende eines Liedes – sogar das verschmitzte Leuchten in den Augen von Hubby Scherhag, erinnerte während des ganzen Konzerts an den Altmeister.
Falls es je einen Knoten beim Publikum gegeben haben sollte – spätestens bei "Griechischer Wein" war er endgültig geplatzt. Nahezu alle standen und die kleinen freien Wiesen-Flächen füllten sich mit Tanzfreudigen, was sich auch den restlichen Abend nicht mehr änderte: "SahneMixx" und das Calwer Publikum machten aus dem Konzert eine einzige große Party, die jede Altersgruppe mitriss. Arm in Arm schunkelten Jugendliche zur Musik, während die Älteren begeistert mitklatschten. "Udo wäre sehr froh, hier zu sein", sagte Scherhag anerkennend.
Und Udo hat bekanntlich kein Konzert beendet, ohne sich zuvor im weißen Bademantel an den Flügel zu setzen – dasselbe gilt auch für Scherhag. Das Calwer Publikum wollte das wiedergefundene Idol kaum gehen lassen – eine Zugabe folgte der nächsten. "Wenn man die Augen schließt ist es, als wäre er noch da", war von einer Besucherin zu hören.